Peter Prange

Herrliche Zeiten: Die Himmelsstürmer

Karlsbad, 1871.

Die Zeit der Kriege scheint für immer vorbei, im böhmischen Kurort treffen sich Gäste aus ganz Europa. So auch Vicky, Tochter einer Londoner Industriellenfamilie, die den Ärmelkanal untertunneln will, um England mit dem Kontinent zu verbinden; Paul, ein Berliner Ingenieur, der hofft, am Bau einer Prachtstraße namens Kurfürstendamm mitzuwirken; und Auguste Escoffier, angehender Meisterkoch aus Paris, dessen Name weltweit zum Inbegriff der französischen Kochkunst werden soll.

Vereint im Glauben, dass herrliche Zeiten anbrechen, werfen die drei sich ins Leben und in die Liebe. Von großen Träumen beseelt ahnen sie nicht, dass Europa schon bald von Erschütterungen heimgesucht wird, die nicht nur den Frieden bedrohen, sondern auch ihr persönliches Lebensglück.

Leseprobe

Rezensionen

"Peter Prange hat ein neues Buch geschrieben. Für den deutschen Literaturmarkt kann das nur Gutes bedeuten." Alex Dengler, denglers-buchkritik.de

„Liebesbande in der Gründerzeit: Peter Prange spiegelt europäische Geschichte in amourösen Begegnungen zwischen Berlin, London und Paris am Ende des 19. Jahrhunderts.“
WDR 3

„Herrliche Zeiten - die Himmelsstürmer: Das ist deutsche Geschichte!“
Dr. Peter Brinkmann, TV Berlin

„Peter Prange schafft es, uns mit seinen Romanen in zeitgeschichtliche Epochen eintauchen zu lassen, ohne dass es auch nur eine Sekunde langweilig wird.“
freundin

„Das ist spannend, vergnüglich und lesenswert.“
Hessische Allgemeine

„Prange bleibt einfach ein Meister darin, große Geschichte geschmeidig zu verpacken.“
Andrea Kahlmeyer, Express (5 Sterne)

„Seine Romane sind Zeitreisen, die eindrucksvoll zeigen, wie historische Entwicklungen unser Leben bis heute prägen.“
Phönix TV, „phoenix persönlich“

„Gekonnt emotional verwebt Peter Prange Lebenswege mit europäischer Zeitgeschichte.“
HörZu

„Verblüffend aktuell, atmosphärisch dicht.“
Fränkische Nachrichten

"Ein wundervoller Roman mit historischem Hintergrund. ... Klassischer Pageturner-Alarm." Norbert Striemann, Radio Mülheim

„Peter Prange macht jeden historischen Stoff zu Gold.“
Ute Cohen, Die Tagespost

"Der lockere Erzählstil des Romans mag manche Leser täuschen und vielleicht verleiten, ihn als Unterhaltungsroman zu deklassieren. Doch wäre dies leichtfertig. ... Ein Roman, der nicht nur die deutsche und europäische Geschichte des ausgehenden 19. Jahrhunders faktenreich und dennoch leicht verständlich vermittelt, sondern in seinem politischen Kern durchaus als Warnung an uns verstanden werden kann." Saale-Zeitung, Lesetipps

"Es ist Peter Prange gelungen, eine Geschichte zu schreiben, die den Leser von der ersten Seite an nicht mehr loslässt. Sie lässt sich auch als Menetekel lesen." Prof. Dr. Joachim Starbatty, Die Weltwoche

Peter Prange bei „phoenix persönlich“

Interview mit Peter Prange

Sie sind seit gut zwei Jahrzehnten als Romanautor bekannt und erfolgreich. Was bedeutet Schreiben für Sie?

Schreiben ist mein Leben. Weil ich das Leben nur schreibend begreifen kann. Zugleich aber ist Schreiben auch tägliche Tortur. Von morgens bis abends nur innige Zwiesprache mit sich selbst, und immer wieder verwerfen und neu anfangen, um doch wieder zu scheitern. Bis alles ganz einfach und selbstverständlich scheint. Denn das ist mein Ziel: Komplexe Geschichten einfach zu erzählen, ohne simpel zu sein. Und zwar so, dass von dem Schweiß, den ich am Schreibtisch vergieße, beim Lesen meiner Geschichte nichts mehr zu spüren ist. 

Woher nehmen sie dann die Motivation für Ihr Schreiben?

Am Anfang steht immer eine einfache, aber darum umso schwerer zu beantwortende Frage, die mich oft jahre- oder jahrzehntelang verfolgt. Zum Beispiel: Wie ist es möglich, dass eine Kulturnation wie Deutschland einem Barbaren wie Hitler anheimfallen konnte? Wenn ich angesichts solcher Fragen nicht mehr weiter weiß, mache ich eine Geschichte daraus, das ist meine einzige Chance, mich einer Antwort anzunähern. Um beim Beispiel zu bleiben: Aus der gerade zitierten Frage wurde »Der Traumpalast«, ein Roman, in dem es um die Geschichte der Ufa geht, zugleich aber über den Aufstieg Hitlers zum Reichskanzler und schließlich Diktator, dem fast das ganze »Volk der Dichter und Denker« zu Willen war. 

Ihr neuer Roman »Herrliche Zeiten« führt uns in die Gründerzeit. Wie haben Sie Ihren Stoff gefunden? 

Es war wie immer umgekehrt: Der Stoff hat mich gefunden, ohne dass ich etwas dafür konnte, ich habe also daran kein Verdienst. Hier hat mich die Janusgesichtigkeit einer Epoche interessiert, fasziniert, verstört. Der Roman beginnt mit der Reichsgründung 1871 und endet mit dem Ausbruch des Ersten Weltkriegs 1914. Diese Zeit ist dafür bekannt, dass sich damals die unheilvollen Nationalismen herausgebildet haben, die zum Verhängnis des ganzen 20. Jahrhunderts wurden. Weniger bekannt ist, dass es in dieser Zeit bereits ein erstaunlich offenes Europa gab, in dem die Menschen der verschiedenen Nationen immer mehr zusammen- wuchsen – nicht zuletzt dank der technischen Errungenschaften wie Eisenbahn und Telegrafie. Ein Europa voller Optimismus, in dem alles Hoffnung und Aufbruch war, ein Europa, von dem wir noch heute träumen. Es hätte schon damals Wirklichkeit werden können, hätte es sich nicht im Krieg der Nationalismen selbst zerstört. 

Vieles, was wir an der Gestalt unserer Großstädte heute schätzen, stammt aus der Gründerzeit. Sie erzählen, wie eines der Wahrzeichen von Berlin erbaut wurde. Warum?

Sie meinen die Entstehung des Kurfürstendamms? Sie geht auf einen Wunsch Bismarcks zurück. Nach dem gewonnenen Krieg gegen Frankreich wollte der Kanzler in Berlin einen Prachtboulevard nach dem Vorbild der Pariser Champs-Élysées bauen, als architektonisches Zeichen, dass man die Franzosen nicht nur im Felde besiegt hatte, sondern auch imstande war, sie im Städtebau zu übertrumpfen. Um so der Welt zu beweisen, dass Deutschland nun zu den Großmächten Europas gehörte. Ursprünglich sollte mein Roman nur von diesem Symbol des deutschen Nationalismus handeln. Doch das wäre der Sache nicht gerecht geworden – den Ersten Weltkrieg hat nicht Deutschland allein angezettelt. Darum die Einbeziehung Frankreichs und Englands in das Romangeschehen. Ohne diese Erweiterung der Perspektive lässt sich nicht verstehen, wie es zu der Katastrophe von 1914 kam. 
Geben Sie uns bitte einen Einblick in Ihre Werkstatt: wie sieht Ihre Schreibroutine aus?

Wie recherchieren Sie? Und was machen Sie, wenn Ihnen mal nichts einfällt? 

Ideen kann man leider nicht kommandieren, sie kommen über einen, wie sie wollen. Beziehungsweise wie die Muse es will. Diese ist allerdings eine sehr flatterhafte Geliebte. Lässt sie mich über eine längere Zeit im Stich, dann recherchiere ich, in Bibliotheken, an den Schauplätzen meines Romans, vor allem aber in den Tiefen meiner Seele, wo sich alle meine Figuren tummeln, die Helden ebenso wie die Schurken, um sie so genau wie möglich kennenzulernen, damit sie beim Schreiben selbst die Führung übernehmen. Und siehe da: Je mehr Freiheit ich meiner Muse lasse, umso eher erbarmt sie sich meiner und kehrt zu mir zurück, so dass ich weiterarbeiten kann. 

In Ihrem Roman spielt der legendäre Koch Auguste Escoffier eine Hauptrolle. Warum?

Gründerzeit war eine unglaublich dynamische Zeit, in der viele Dinge entstanden, die bis heute unser Leben prägen. Dazu hat Auguste Escoffier einen ganz besonderen, ganz und gar französischen Beitrag geleistet. Er hat in dieser Zeit die Kochkunst revolutioniert, indem er die damals üblichen 30-Gänge-Menüs auf nur sieben Gänge reduzierte. Genuss, nicht Völlerei war sein Ziel. Zugleich hat er die Kochkunst in geradezu wissenschaftlicher Weise systematisiert, seine Klassifizierung der Saucen etwa hat er nach dem Vorbild des Periodensystems entwickelt. Damit hat er nicht nur die Haute Cuisine völlig neu erfunden – jeder Sternekoch bezieht sich bis heute auf ihn –, auch konnte er so seine Rezepte internationalisieren, über alle Grenzen hinweg. Im Sommer 1914 wurde ein von ihm kreiertes Menü an ein- und demselben Tag in 137 Restaurants in über einem Dutzend Ländern zelebriert – was für ein Sinnbild des offenen Europas, der ganze Kontinent an einem Tisch vereint. In dieses Friedensfest hinein fallen die Schüsse von Sarajewo, und der Erste Weltkrieg beginnt.
Die Erfindung noch heute beliebter Gerichte wie Pfirsich Melba (für die Schauspielerin Nellie Melba) oder Birne Helene (anlässlich der Pariser Aufführung der Operette ›Die schöne Helena‹) gehen auf Escoffier zurück.

Gab es bei der Recherche zu Ihrem neuen Roman Entdeckungen, die Sie selbst überrascht haben?

Zum einen Karlsbad, ein kleiner böhmischer Kurort, der im 19. Jahrhundert so etwas wie der europäische Salon war und sein außergewöhnliches Grandhotel Pupp. Hier kamen Menschen aus allen Ländern des Kontinents zusammen, um miteinander das Leben zu feiern. Zum Anderen das Euro-Tunnel-Projekt. Ja, es gab schon damals den Versuch, England mit dem Kontinent durch einen Tunnel unter dem Ärmelkanal zu verbinden. Worauf ich ein bisschen stolz bin: Das habe ich nicht zufällig entdeckt, vielmehr habe ich danach gezielt gesucht. Ich war sicher, es musste damals schon dieses Projekt gegeben haben, weil es einfach dem Zeitgeist des offenen Europas entsprach. Und so war es! Doch das Projekt scheiterte damals aus denselben bornierten Gründen, die in unseren Tagen zum Brexit führten. Genau solche Parallelen zu unserer Zeit, und davon gibt es viele, machen diese Epoche für uns heute so spannend. Und vielleicht können wir sogar ein bisschen daraus lernen.

Kann man also aus der Geschichte lernen?

Geschichte wiederholt sich nie eins zu eins. Insofern kann man nicht aus ihr lernen. Doch es gibt in der Geschichte sich wiederholende Muster, und aus denen können wir durchaus Lehren ziehen. Ein Beispiel ist das Spannungsverhältnis zwischen zwei Grundbedürfnissen, die jedem Menschen angeboren sind: dem Bedürfnis nach Freiheit und dem Bedürfnis nach Sicherheit. Jedes Kleinkind versucht, sobald es krabbeln kann, seinen Freiheitsradius zu erweitern, doch kaum kommt ein Buhmann um die Ecke, macht es kehrt und flieht unter den Rockzipfel der Mutter. So funktionieren auch wir: Sobald wir uns in unserer Sicherheit bedroht fühlen, sind wir sehr schnell bereit, auf Freiheitsrechte zu verzichten. Dieser Mechanismus hat Hitler zur Macht verholfen. Angesichts von Massenarbeitslosigkeit und Weltwirtschaftskrise hat das deutsche Volk 1933 sich in der Hoffnung auf die von ihm versprochene Sicherheit selbst entmündigt und sich seinem Diktat unterworfen. Ganz ähnliche Mechanismen erleben wir heute, wenn angesichts der Polykrisen unserer Zeit Rattenfänger mit dem Versprechen einfacher Lösungen immer bedrohlicheren Zulauf haben.